Eine kleine Zeitreise
Frühe Geschichte
Spuren menschlicher Siedlungen sind im Bereich der
Gemarkung Mittelbuchen bereits aus der Zeit um 5000 v. Chr.
zu finden. Viele Funde deuten darauf hin, dass sich hier um
3500 v. Chr. ein jungsteinzeitliches Dorf befand, und es besteht
berechtigter Grund zur Annahme, dass dieses Dorf alle
folgenden Epochen überdauerte. Bedeutende Funde, die 1994
in einer Talsenke bei Mittelbuchen gemacht wurden, bringen
sogar etwas Licht ins sogenannte “dunkle Zeitalter” des frühen
Mittelalters, aus dem es allgemein kaum Funde und
geschichtliche Überlieferungen gibt. Diese
völkerwanderungszeitlichen Siedlungsfunde aus dem 3. bis 6.
Jh. scheinen zu bestätigen, dass es sich immer noch um die
gleiche menschliche Siedlung handelt, die am 1. Juni des
Jahres 798 als „bucha marca “ in einer Schenkungsurkunde des
Privatmannes Liubert an das Kloster Lorsch erwähnt wird. Hier
beginnt die über 1200-jährige Geschichte Mittelbuchens.
Der Weg vom Mittelalter in die Neuzeit
Man geht davon aus, dass Mittelbuchen im 11. Jahrhundert ein
Dorf von Leibeigenen der Herren von Buchen war, deren Burg
sich wenige Kilometer südwestlich befand. Freie Bauern gab es
zu dieser Zeit ohnehin kaum noch. Die gut überlieferte
Kirchengeschichte belegt, dass Mittelbuchen in seiner weiteren
Entwicklung im 14. Jh. hohes Ansehen in der Region genießt.
Jedoch die Pest, die von 1347 bis 1351 in ganz Europa wütete
stellte die Frage des Überlebens der Bevölkerung auf ihre
elementarste Stufe. Zum Ende des 14. Jahrhunderts gab es
Unruhen und Kleinkriege zwischen den Städten und Gemeinden
mit dem Adel. Das war besonders um 1398 untragbar geworden
und hatte Folgen.Hanau war Mainzer Pfandschaft und stand
unter der Vormundschaft von Erzbischof Johann von Nassau,
als mit Schreiben vom 29. April 1419 und 16. Mai 1419 der
Befehl des erzbischöflich-mainzischen Kellners zu Hanau
ergangen ist, dass der Ort Mittelbuchen von den
Ortsbewohnern, den „Landsiedeln“ zu befestigen, zu
„umbgraben“ sei, also mit Graben und Wall zu versehen ist.
Diese Urkunde ist im Stadtarchiv Frankfurt erhalten. In älteren
Veröffentlichungen heißt es, der Ort wurde ab dem späten 15.
Jahrhundert von einer 725 Meter langen und 60 cm dicken
Mauer umschlossen. Dieses ist aber nach den
wissenschaftlichen Untersuchungen nicht richtig. Es gab keine
Mauer. Auch das heute noch bestehende „Obertor“ erfuhr seine
Ersterwähnung nicht im Jahr 1535 sondern bereits im Jahr
1485. Wann der daneben stehende „Säuturm“ entstanden ist,
ist nicht bekannt. Der auf einer Anhöhe stehende Kirchturm ist
wohl in der gleichen Zeit erbaut worden, was die Jahreszahl
1494 ausweist. Es ist anzunehmen, dass dieser als Wart- und
Wehrturm genutzt wurde. Um das Jahr 1500 ist auch der Bau
einer Kirche nachgewiesen, welche im Jahr 1753 abgebrochen,
und durch eine neue ersetzt wurde. Diese Kirche wurde im
Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört und ist bis auf die
Grundmauern abgebrannt.
Die Reformation und das
Jahrhundert des Elends
Im Zuge der Lutherschen Reformation wird im gleichen
Jahrhundert in Mittelbuchen die erste Schule gegründet. In der
„alten Schule“, die noch im 16. Jh. an der heutigen
Obertorstraße 15 erbaut wurde, unterrichtete man Freiwillige
vermutlich in den Fächern Religion. Lesen, Schreiben und
Singen. Zu Beginn des 17. Jh. zählte Mittelbuchen etwa 400
Einwohner. Dieses Jahrhundert wurde für Mittelbuchen jedoch
zum wohl leidvollsten seiner Geschichte. Da war zum einen der
Dreißigjährige Krieg, der eine ständige militärische Besatzung
zur Folge hatte, zum anderen kam 1627 wieder die Pest nach
Mittelbuchen. 1634 waren es dann die Horden von
Landsknechten des Herzogs Bernhardt, die das Dorf fast völlig
niederbrannten. Da große Armut vorherrschte, mussten die
Menschen zunächst in dem Leben, was stehengeblieben war -
und wenn’s auch nur ein feuchter Keller unter dem zerstörten
Haus war. Erst im letzten Drittel dieses Jahrhunderts beginnt
man das Dorf wieder aufzubauen.
Auch wenn das 18. Jh. von Kriegen und Unruhen geprägt war,
entwickelte sich Mittelbuchen in diesen Jahren prächtig. Das
Ende dieses Jahrhunderts leitete aber wieder schwere Zeiten
ein, nämlich die der französischen Besatzung. Achtzehn Jahre
lang, von 1795 bis 1813, nehmen sich die französchen
Truppen, was zu bekommen ist. In den Jahren der
Napoleonischen Besatzung, in der Zeit von November 1806 bis
November 1814, sind insgesamt 61.435 Einquartierungen
nachgewiesen. Das teilt sich auf bis Ende Oktober 1813 in
17.842 französische Soldaten, und ab dem 2. November 1813
bis Ende November 1814 waren es 10.769 alliierte Soldaten
(Österreicher, Russen, Kosaken, Sachsen, etc.) Hinzu kommen
noch die mitgeführten Pferde und sonstige Tiere. Sie mussten
allesamt durch die Mittelbuchener Bürger, von denen es ca. 300
gab, mit Essen und Trinken, sowie mit Futter versorgt werden.
Mitte dieses Jahrhunderts machen sich dann die Auswirkungen
der Industrialisierung bemerkbar. Bürokratische Strukturen
wurden geschaffen und die Bevölkerungszahl wächst drastisch
an. Bis zur Wende zum 19. Jh. erreicht Mittelbuchen tausend
Einwohner.
Die Kriege des 20. Jahrhunderts
Der Erste Weltkrieg führt dann wieder zu tiefgreifenden
Veränderungen. Alle Männer des Dorfes, soweit sie nicht
unabkömmlich sind, müssen in den Krieg, und 44 von Ihnen
sollten nie mehr nach Hause kommen. Im Ehrenbuch der Stadt
und des Landkreises Hanau sind die Gefallenen des Ersten
Weltkrieges namentlich aufgelistet.
Noch wesentlich schlimmer sollte es dann im Zweiten
Weltkrieg kommen. Mittelbuchen, das nachweisbar von Anfang
an wenig Sympathie für den Nationalsozialismus hatte, wurde
gegen Ende des Krieges schwer getroffen. Am 4. Februar 1944
wirft ein Bombengeschwader seine unheilvolle Fracht ab. Die
meisten Bomben gehen im Feld nieder aber etliche treffen auch
das Dorf. Zehn Menschen verlieren an diesem Tag ihr Leben.
Am 6. Januar 1945 setzt dann ein Hagel von Stabbrandbomben
Mittelbuchen in Flammen. Fünfzehn Wohnhäuser und über
achtzig Scheunen und Ställe fallen einem lodernden Inferno
zum Opfer. In diesem schlimmsten aller Kriege verlieren
insgesamt neunzig Menschen aus Mittelbuchen ihr Leben.
Aufgrund der Mittellosigkeit der Menschen geht der Neuaufbau
zunächst sehr zögerlich vonstatten. Jedoch die ersten Wunden
heilen, und man beginnt, neue Ziele zu verwirklichen.
Aufbruch zur modernen Gemeinde
Ein Meilenstein in der neueren Geschichte Mittelbuchens ist
der im Jahre 1953 im Rahmen des Programmes "Soziale
Aufrüstung des Dorfes" vom Ministerium für Arbeit, Wirtschaft
und Verkehr initiierte Bau des ersten hessischen
Dorfgemeinschaftshauses in der Region; heute Sitz der
städtischen Verwaltungsstelle. Das Haus trägt heute den
Namen seines Förderers, des früheren Hanauer
Oberbürgermeisters und Hessischen Staatsministers für Arbeit,
Soziales und Gesundheitswesen, Heinrich Fischer. Etwas
länger dauerte es in Mittelbuchen mit der Wasserleitung. Erst
im Jahre 1960 floss das erste Wasser aus einem hauseigenen
Kranen.
Ende der sechziger Jahre kommt dann die erste große
Bauwelle, und ein nie gekannter Wohlstand zieht in das bis
dahin 1700 Seelen zählende Dorf ein. In der Gebietsreform
Anfang der siebziger Jahre steht Mittelbuchen dann vor der
Entscheidung, sich Bruchköbel, Maintal oder Hanau
anzugliedern. Die Gemeindevertretung entscheidet sich mit
einer Stimme Mehrheit für Hanau – eine Eingemeindung, die
am Neujahrstag 1972 durch den Austausch der Ortsschilder
vollzogen wurde.
Im Jahre 1998 feierte der mittlerweile auf über 3300 Einwohner
angewachsene Ort zusammen mit der Nachbargemeinde
Wachenbuchen ein großes Jubiläum: “1200 Jahre Buchen”.
Umfangreiche Informationen über die Historie des Ortes stellt
der Mittelbuchener Geschichtsverein, besonders im 1998 fertig
gestellten Heimatmuseum, gerne zur Verfügung. Im Jahr 2001
wurden bei den vorbereitenden Arbeiten zu einem
Neubaugebiet östlich der Hamburger Allee die Reste von 4
Römischen Militäranlagen aus der Zeit von 83 – 110 n. Chr.
festgestellt. 2 Kleinkastelle und die Reste eines frühen Limes
konnten nachgewiesen werden. Mittelbuchen war beinahe 30
Jahre Römische Garnison.
Für weitere geschichtliche Informationen und Artefakte ist Ernst
Gimplinger vom Heimat- und Geschichtsverein kompetenter
Ansprechpartner.
MITTELBUCHEN-ONLINE: Winfried Lind, info@mittelbuchen-online.de, Tel. 06181-939268
Oben: Die Inschrift auf dem
Portal der Kirche dokumentiert
in mittelalterlicher Schrift das
Jahr 1494. Unten: Das Obertor
wurde 1535 erstmals erwähnt,
der Wehrturm ist jedoch noch
um einiges älter.
Oben: Die Guldenstraße vor
dem Jahr 1900. Besonders
beachtenswert der alte
Kirchturm, der im Zweiten
Weltkrieg zerstört wurde.
Unten: Ein Blick durchs Obertor
um das Jahr 1910.